Geschichtliches aus Pillnitz und Sachsen

  • Zeittafel zur Geschichte der gartenbaulichen Lehre und Forschung in Dresden-Pillnitz
  • Zur Geschichte des Ehemaligenverbandes
  • Die Fahne der Arminen
  • Ehemaligenverband und Freundeskreis nach dem 2.Weltkrieg
  • Neugründung des Verbandes in Pillnitz nach der „Wende“

Zeittafel zur Geschichte der gartenbaulichen Lehre und Forschung in Dresden-Pillnitz

1888 Denkschrift  zur Gründung einer höheren Gartenbauschule in Dresden  
     
1892 Gründung der „Gartenbauschule des Gartenbauverbandes für das Königreich Sachsen“ in Dresden Striesen, Hessestraße
     
1907 Verlegung der Schule nach Dresden Laubegast, zugleich Erweiterung und Einführung der Obergärtnerprüfung, Einrichtung eines Pensionates  
     
1913-15 Errichtung der königlichen Hofgärtnerei in Pillnitz:
1 ha Gewächshausfläche (40 Gewächshäuser) und
9 ha Freilandfläche mit großer Frühbeetkastenanlage  
     
1918 Umwandlung der Hofgärtnerei in "Staatliche Versuchs- und Beispielsgärtnerei" zu Pillnitz
1. Direktor ab 1922: Gartenbaudirektor Alexander Steffen   

1919 Denkschrift zur Begründung des Standortes Pillnitz für die „Höhere Staatslehranstalt für Gartenbau“  
     
1920-22 Verlegung der höheren gärtnerischen Ausbildung nach Pillnitz,

Unterricht in Gebäuden der „Staatlichen Versuchs- und Beispielsgärtnerei“ und des Schlosses, zugleich Aus- und Umbau des Marstalles und anderer Nebengebäude zu Schulgebäuden und zu Wohnheimplätzen   

1922 Gründung der „Höheren Staatslehranstalt für Gartenbau“ in Pillnitz an der Elbe

2-jährige Ausbildung zum „Staatlich geprüften Gartenbautechniker“, nach 3-jähriger Praxis  2. staatliche Prüfung zum „Staatlich geprüften Gartenbauinspektor“ möglich, auch Ausbildung zum „Staatlich geprüften Gartenbaulehrer“ und Durchführung verschiedener Lehrgänge

1. Direktor: Ökonomierat Prof. Dr. Otto Schindler  
     
1939 Vereinigung der Lehranstalt mit der „Versuchs- und Beispielsgärtnerei“ zur „Versuchs- und Forschungsanstalt für Gartenbau und höhere Gartenbauschule“ Pillnitz an der Elbe, Leitung: Prof. Dr. Reinhold  
     
1942 Schließung der Gartenbauschule infolge des Krieges, nur noch Forschungsaufgaben  
     
1945 Zerstörung einiger Gebäude durch den Luftangriff  
     
1945 Denkschrift  nach Beendigung des Krieges zur Neugestaltung der „Versuchs- und Forschungsanstalt und höheren Fachschule für Gartenbau und Gartengestaltung zu Pillnitz“  
     
1946 Wiederaufnahme von Lehrgängen und der Technikerausbildung  
     
1950 Verlängerung der Ausbildung auf 3 Jahre

Neuer Titel:  „Gartenbauingenieur“, erstmals 1953 verliehen  
  Versuchs- und Forschungsanstalt für Gartenbau Dresden-Pillnitz  
1951 Organisatorische Trennung der Forschungsanstalt von der Fachschule und Gründung des Institutes für Gartenbau und der Fachschule für Gartenbau  
     
1952 Das Institut für Gartenbau wird der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR als "Institut für Gartenbau Dresden-Pillnitz der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften" zugeordnet
Direktor von 1956-1974: Prof. Dr. Dr. h. c. Gerhard Friedrich
   
1953 Vereinigung der „Fachschule für Gartenbau“ mit der 1952 in Pillnitz gegründeten Fachschule für Landwirtschaft zur „Fachschule für Landwirtschaft und Gartenbau“  Dresden-Pillnitz
   
1955 Einweihung des Schulneubaues an der Söbrigener Straße mit Wohnheim und Mensa
   
1960 Einführung eines vierjährigen Fernstudiums neben dem dreijährigen Direktstudium zum Gartenbauingenieur
   
1962 Ausgliederung der Abteilung Gemüsebau aus dem Institut

Umbenennung in: "Institut für Obst- und Zierpflanzenbau Dresden-Pillnitz der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften"
   
1963 Auflösung der „Fachschule für Landwirtschaft und Gartenbau“ in Pillnitz, weil in den Gebäuden ein "Institut für Landwirtschaft der SED" eingerichtet wurde

Aus der Abteilung Gartenbau der Fachschule wird die „Fachschule für Gartenbau Dresden, Sitz Bannewitz“ im Schloß Nöthnitz am Südrand von Dresden gebildet
   
1965 Ausgliederung der Abteilung Zierpflanzenbau aus dem Institut - Umbenennung in: "Institut für Obstbau Dresden-Pillnitz der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften Dresden-Pillnitz"

1970 Zuordnung der Abteilung Obstzüchtung des Instituts für Acker- und Pflanzenbau Müncheberg an das Institut für Obstbau
Umbenennung in: Institut für Obstforschung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR
   
1971 Spezialisierung zur „Ingenieurschule für Zierpflanzenwirtschaft“ Bannewitz

Ausbildung von Gartenbauingenieuren im Direkt- und Fernstudium

Ausbildung von Blumenbindemeistern

Ausbildung von Gärtnermeistern

Weiterbildungslehrgänge
   
1989 November Denkschrift zur Begründung der Rückkehr der Fachschule an ihren traditionsreichen Ausgangsort in Dresden-Pillnitz
   
1990 Auflösung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR, Zuordnung des Instituts für Obstforschung zum Freistaat Sachsen
Beendigung der Tätigkeit des Instituts auf der Grundlage des Einigungsvertrages zum 31.12.1991
   
1990 Rückkehr der Fachschule in die Schulgebäude an der Söbrigener Straße und am Pillnitzer Platz, zunächst mit Fernstudien- und Meisterlehrgängen sowie Sonderveranstaltungen
   
1990 "1. Pillnitzer Gärtnertage“ auf dem Gelände und im Gebäude der Schule in der Söbrigener Straße
   
1990 Einzug des Direktstudiums in die Gebäude in Pillnitz, Umbenennung in: „Ingenieurschule für Gartenbau und Landwirtschaft“

Beginn der zweijährigen Technikerausbildung und der einjährigen Fachschule zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung 
1990 Gründung des "Deutschen Institutes für Floristik" für die bundesweite Aus-, Fort- und Weiterbildung im floristischen Bereich als Verein, dessen Mitglieder die Landesverbände der Floristen sind
   
1991 Gründung der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, 1. Präsident Herr Gülde
   
1991 Juli, erste Gärtnermeisterprüfungen nach bundesdeutschem Recht durch die zuständige Stelle, dem Regierungspräsidium in Dresden-Pillnitz
   
1991/92 Einbau moderner Lagerzellen in das Lagerhaus im Versuchsfeld
   
1991 Neugründung des Verbandes ehemaliger Dresden-Pillnitzer e.V.
   
1992 Folgende neugegründete Einrichtungen nehmen die Arbeit auf:

Institut für Gartenbau mit Lehranstalt Dresden-Pillnitz als Teil der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

Institut für Obstzüchtung Dresden-Pillnitz der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ)

Außenstelle Pillnitz im Institut für Pflanzenschutz im Gartenbau der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Braunschweig

Genbank Obst im Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben

1992 Jubiläumsveranstaltung „100 Jahre gärtnerische Ausbildung in Dresden - 70 Jahre gärtnerische Forschung und Lehre in Pillnitz“
   
1992 Beginn der Überbetrieblichen Ausbildung am Standort Pillnitz für den Beruf Gärtner in den 7 Fachrichtungen im Freistaat Sachsen  
 
1993 Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden eröffnet den Fachbereich Pillnitz mit den Studiengängen Landespflege, Gartenbau und Landwirtschaft. Damit werden wieder Gartenbauingenieure ausgebildet.
   
1993 Umbau des Gebäudes II in der Söbrigener Str. 3a, Gewinnung neuer Unterrichtsräume und des Zeichensaales sowie von Arbeitsplätzen für das Referat Landespflege
   
1993 Vereinigung des Verbandes ehemaliger Dresden-Pillnitzer mit dem in den Jahren der Spaltung Deutschlands in der Bundesrepublik weiter existierenden Freundeskreis ehemaliger Dresden-Pillnitzer 
   
1995 Offizielle Errichtung der einjährigen Fachschule für Gartenbau und der zweijährigen Fachschule für Technik durch das Sächsische Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten
Träger ist die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
   
1995 Gründung der „Sächsischen Gartenakademie“ im Fachbereich Gartenbau und Landespflege mit Lehranstalt Dresden-Pillnitz mit Sitz im Gebäude der Lehranstalt im Beisein von Herrn Staatsminister Dr. Jähnichen
   
1995 Einweihung der neuen Räume des Deutschen Instituts für Floristik im ehemaligen „Gustavheim“ in Dresden-Niederpoyritz
   
1996 Übergabe der ehemaligen Speise- und Umkleideräume der Lehr- und Beispielsgärtnerei nach der Grundinstandsetzung an den Fachbereich Gartenbau und Landespflege der LfL als Prüfstelle für Qualitätswein
   
1996 Grundsteinlegung für die Lehr- und Übungsgewächshäuser auf dem Gelände der ehemaligen Versuchs- und Beispielsgärtnerei durch den Staatsminister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, Herrn Dr. Jähnichen

1996 Durch das Rahmenkonzept für die Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 12.6.1996 wird der Erhalt des Instituts für Obstzüchtung der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen am Standort Pillnitz festgeschrieben.
   
1997 Beginn der Um- und Neubauarbeiten an den Gebäuden "Pillnitzer Platz 1" für die Nutzung durch den Fachbereich Landbau/Landespflege der HTW Dresden (April)
   
1997 17.Juni 1997. Unterzeichnung einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und der Bundesrepublik Deutschland über die Aufrechterhaltung des Instituts für Obstzüchtung am Standort Dresden-Pillnitz. Der Freistaat verpflichtet sich u.a. zum Herrichten des Laborgebäudes. 

1997 Festveranstaltung „75 Jahre gärtnerische Fortbildung und Versuchstätigkeit für Gartenbau in Dresden-Pillnitz“ in der Aula der Fachschule
   
1997 Einweihung der neuen Lehr- und Übungsgewächshäuser für die Überbetriebliche Ausbildung durch die Präsidentin der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Frau Prof. Dr. Irene Schneider-Böttcher
   
1997 Einweihung der Bibliothek der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft und der Hochschule für Technik und Wirtschaft im Kammergut Pillnitz mit über 60.000 Fachbüchern und Zeitschriften. Die Schulbibliothek wird als Bestandteil dieser Bibliothek übernommen.

Grundsanierung des Wohnheims der Fachschulen
   
1998 Sprengung des 60 m hohen Schornsteins am Kohleheizhaus und folgender Abriss des Kohleheizhauses (1999)
   
1998 Einweihung des Seminar- und Hörsaalgebäudes "Pillnitzer Platz 1" am 12.11.1998. Umzug des Fachbereiches Landbau/Landespflege der HTW Dresden an den Pillnitzer Platz
1998/99 Sanierung und Renovierung des Schulgebäudes, Söbrigener Straße 3a
   
1999 Eröffnung der Jahrestagung der Deutschen Gartenbauwissenschaftlichen Gesellschaft an der HTW am 3.3.99 durch Ministerpräsident Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
   
1999 Frühjahr. Beginn der Baumaßnahmen am Laborgebäude des Instituts für Obstzüchtung der BAZ, Pillnitzer Platz 3a, finanziert durch den Freistaat Sachsen

1999 Beginn der umfangreichen Bauarbeiten am Steffenbau zur Nutzung durch die Überbetriebliche Ausbildung für den Beruf Gärtner
   
1999 Pillnitzer Cyclamenschau in der Orangerie im Schlosspark Dresden-Pillnitz (Trägerschaft Verband ehemaliger Dresden-Pillnitzer e.V.) Anknüpfend an die über 50jährigen Erfahrungen (Laubegast) in Pillnitz werden neue Sorten vorgestellt
   
2000 Abschluss der Sanierungsarbeiten am Mitschurinbau des Fachbereiches Landbau/Landespflege der HTW
   
2000  Richtfest für die Versuchsgärtnerei des Fachbereiches Gartenbau und Landespflege der LfL und des Fachbereiches Landbau/Landespflege der HTW (Lohmener Straße) in Anwesenheit von Herrn Staatsminister Steffen Flath
   
2000 Offizielle Inbetriebnahme des Laborgebäudes des Instituts für Obstzüchtung der BAZ nach umfangreichen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen am 13.7.2000 durch den Leiter der Bundesanstalt, Herrn Dir. und Prof. Dr. Neumann
   
2000 Beginn der Baumaßnahmen für die Versuchsgewächshausanlage, einschließlich Funktionsgebäude, des Instituts für Obstzüchtung der BAZ auf dem Gelände der ehemaligen Königlichen Hofgärtnerei, finanziert durch den Bund 

2000 Beschluss der Mitgliederversammlung des Deutschen Instituts für Floristik e.V. zu dessen Auflösung
   
2001 Inbetriebnahme der Versuchsgärtnerei der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft
   
2001 Feierliche Einweihung des sanierten Steffenbaus am 08.08.2002 in Gegenwart des Staatsministers für Umwelt und Landwirtschaft, Herrn Steffen Flath, und des parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Herrn Dr. Thalheim
   
2001  Inbetriebnahme der Aula als Informationszentrum für die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft am 27.09.2001 anlässlich des Fachkolloquiums zum 10jährigen Bestehen der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft
   
2001 Zum Ende des Jahres wird der Gewächshauskomplex des Instituts für Obstzüchtung der BAZ in Betrieb genommen, zunächst das Funktionsgebäude. Etwas später werden die Gewächshausanlage als Kabinengewächshaus mit einer Gesamtnutzfläche von 1.548 m² und einer individuellen, automatisch gesteuerten Kulturführung in jeder Kabine sowie der Außenbereich mit Freilandkulturflächen fertig gestellt.
   
2002 Abschluss der Umbauarbeiten an der "Alten Schmiede" am Pillnitzer Platz. Nutzung als Modellwerkstatt und GaLaBau-Werkstatt durch den Fachbereich Landbau/Landespflege der HTW Dresden (September)
   
2003 Zum 1.1.2003 erfolgt auf Beschluss der Bundesministerien die Integration der Aufgaben der Genbank Obst des IPK zur Sammlung, Erhaltung und Evaluierung obstgenetischer Ressourcen in das Forschungsprogramm des Instituts für Obstzüchtung der BAZ

2008 Die Bundesanstalt für Züchtungsforschung (BAZ) wird zum Julius-Kühn-Institut (JKI) 

2008 Zusammenschluss der Landesanstalt für Landwirtschaft und des Landesamtes für Umwelt und Geologie zum Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie                                                                                        

Zur Geschichte des Ehemaligenverbandes


Über die Geschichte der höheren gärtnerischen Ausbildung in Dresden ist schon mehrfach geschrieben worden, u.a. in der Broschüre zum 75. Jubiläum von Lehre und Forschung in Pillnitz (1997).

Wenig bekannt ist aber über die Vereinigungen von Studierenden und Absolventen während dieser Zeit, so zu sagen, den Vorgängern unseres Verbandes. Deshalb soll hier in einigen Beiträgen darüber berichtet werden.

Wie das Leben so ist auch die Geschichte: widersprüchlich. Sie werden beim Lesen feststellen, dass die verschiedenen Vergangenheiten  auch hier und da zu unterschiedlichen Sichtweisen und Standpunkten führen.  Dabei sollte man sich daran erinnern, dass die historische Wahrheit nur   das ist, auf das sich die Historiker rückblickend  geeinigt haben.

Vereinigungen der Studierenden und Ehemaligen bis 1945

Vier Jahre nach der Gründung der Gartenbauschule des Gartenbauverbandes für das Königreich Sachsen wurde am 03. Mai 1896 von Studierenden der Bund „Hortania“ gegründet. Es war eine studentische Verbindung, eine Korporation, mit eigenen Bräuchen und Organisationsformen, wie sie in dieser Zeit allgemein am Universitäten, Hochschulen und anderen höheren Bildungseinrichtungen bestanden.

Die Farben der „Hortania“ waren:                           grün-rot-gold

ihr Wahlspruch war:                                        „Ein Mann, ein Wort“.

Als Sport wurde das Florettfechten betrieben, das im Farbenjahr 1934/35 auf leichten Säbel umgestellt wurde.

Nach dem Umzug nach Pillnitz und Gründung der „Höheren Staatslehranstalt“ 1922 war das Bundesheim, in dem die Veranstaltungen, insbesondere die Kneipen abgehalten wurden, der „Goldene Löwe“, Pillnitz. Die der Korporation angehörenden Studierenden bildeten die Aktivitas, nach Abschluss des Studiums gehörten sie als „alte Herren“ weiter dem Bund an. Die Verbindung zu diesen wurde durch Mitteilungsblätter aufrechterhalten, von denen noch etliche in der Bibliothek der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft vorhanden sind, so dass man sich über die Aktivitäten der „Hortania“ ein recht gutes Bild machen kann. Der Bund besaß auch eine Fahne und zu besonderen Anlässen wurde „Vollwichs“, d. h. Uniform getragen. Ob davon noch etwas irgendwo existiert, ist nicht bekannt, so dass hier nur ein altes Foto davon Zeugnis geben kann.

Nach Eröffnung der „Höheren Staatslehranstalt“ gründeten 20 Teilnehmer des Winterlehrganges der neben den 2-jährigen Technikerlehrgängen durchgeführt wurde, am 27. November 1924 die Vereinigung „Fortuna“. Durch die Winterschüler konnte aber keine Kontinuität geschaffen werden, deshalb wurde am 12. (14.?) April 1926 mit Unterstützung von Gartenbauinspektor Binder, Lehrer an der Staatslehranstalt, die Verbindung „Arminia“  als Schwesterorganisation zur „Hortania“ gegründet, der Winterschüler und Technikerschüler angehören konnten.

Ihre Farben waren                                                      grün-weiß-schwarz,

ihr Wahlspruch lautete:                                     „Freiheit – Ehre – Vaterland“.

Die sportliche Betätigung bestand in Wanderungen, im Ruder- und Fechtsport.
Ziel war auch die Übung in freier Rede.
Das Bundesheim war das Kurhaus Kleinzschachwitz, später vorübergehend der Lindengarten in Hosterwitz und dann das Parkcafe Pillnitz.

Das Verhältnis von Arminen zu Hortanen war anscheinend anfangs nicht immer gut, später lud man sich gegenseitig zu Veranstaltungen ein.

Im Juni 1927 wurde durch Frau Binder, der Gattin des oben genannten Lehrers, die als Conleurschwester  „Schlipsine“ der Verbindung angehörte, eine Bannerkasse gegründet. Ein Verbindungswappen entwarfen die Aktiven W. Schäfer alias Schluck und M. Kegler alias Dockt  ?????.

Frau Binder stickte das Banner, das wahrscheinlich anlässlich des Farbenfestes im Juli 1933 geweiht wurde.

Frau Binder bewahrte später das Banner vor der Konfiskation durch Nazis und bewahrte es bis zu ihrem Tode auf. Frau Heduschke, die Gattin eines ehemaligen Arminen, sicherte danach das Banner und übergab es 1994 dem neu gegründeten Ehemaligenverband, so dass es sich wieder in Pillnitz befindet und hier abgebildet werden kann.

Das Wissen über die „Arminia“ stammt vor allem aus einem maschinenschriftlichen Bericht über die Geschichte der „Arminia“ aus der Mitte der dreißiger Jahre, den mir der ehemalige Armine Herr Brinkel zur Verfügung stellte.

Als dritte Schülervereinigung gab es in Pillnitz seit 1924 die freie Vereinigung „Die Scher“. Sie war angeschlossen an „Der Grüne Ring“ im Bund der Scharen an der höheren Lehranstalt für Gartenbau.

Es wurden Rundbriefe und Mitteilungen herausgegeben, bisher konnten aber keine aufgefunden werden.

In einem Bericht über die Hauptversammlung des Ehemaligenverbandes aus dem Jahr 1930 ist zu lesen, dass die anwesenden Ehemaligen an einer Sonnenwendfeier der „Scher“ teilnahmen, ansonsten ist über diese Vereinigung, die wohl der Wandervogelbewegung nahestand, kaum etwas überliefert.

Die Vertretung der Studierenden (Hörerschaft) gegenüber der Staatslehranstalt erfolgte durch einen halbjährlich neu gewählten Ausschuss.

Jeder Lehrgang wählte dazu einen Vertreter und jede der anerkannten Vereinigungen hatte das Recht auf ein Mitglied  in diesem Ausschuss. Von der Gesamtheit wurde außerdem als Sprecher ein Obermann gewählt. 

Die Nazis begannen nach ihrer Machtübernahme die Schülervereinigungen gleichzuschalten. So wurden die Satzungen auf das Führerprinzip umgestellt, Nazifahnen wurden angeschafft, aber man hoffte weiterbestehen zu können, was mit Einschränkungen bis 1936 gelang. Offiziell lösten sich die Verbindungen „Hortania“ und „Arminia“ zu Beginn des Wintersemesters 1935/36 auf, aber es gab auch 1936 noch Aktivitäten.

Die Nazis gründeten dann die „Deutsche Fachschulschaft“ parallel zur „Deutschen Studentenschaft“.

Die Mitgliedschaft war für alle Studierenden deutscher Abstammung Pflicht, wenn sie das 17. Lebensjahr überschritten hatten und mindestens 2 Vollsemester studierten. Daneben gab es den NS-Studentenbund, in dem die Mitgliedschaft offiziell freiwillig war, der man sich aber schwerlich entziehen konnte.

Ziele waren vor allem politische Erziehung und körperliche Ertüchtigung durch entsprechende Veranstaltungen, die vor allem sonnabends stattfanden.

Da die Ausbildung im Kriegsjahr 1943 in Pillnitz gänzlich eingestellt wurde, war das praktisch auch das Ende dieser Organisationen.

Eine Vereinigung ehemaliger Dresdner Gartenbauschüler wurde bereits 1898 gegründet,  als sich die Schule noch in der Hessestraße in Dresden befand, sie wurde später in Verband ehemaliger Pillnitzer umbenannt.

Der Verband gab Mitteilungshefte heraus, deren Jahrgangsnummerierung bis 1925 (26.Jg.) durchgehend erfolgte, 1926 begann die Jahrgangszählung der Mitteilungen wieder mit 1.

Dem Verband gehörten sowohl „Alte Herren“ der genannten Korporationen wie auch Nichtkorporierte an. Bei manchen Übersichten, z.B. Anschriftenänderungen, wurde zwischen den einzelnen Gruppen unterschieden. Zu den Jahreshauptversammlungen traf man sich meist anlässlich von Fachveranstaltungen in Pillnitz. Da die Mitgliederzahl wuchs, 1934 waren es 422 Mitglieder, bildeten sich regionale Gruppen in verschiedensten Gegenden Deutschlands, die eigene Treffen organisierten. Personen mit besonderen Verdiensten konnten als Ehrenmitglieder aufgenommen werden, wie z. B. schon 1924 der Direktor der Lehranstalt, Ökonomierat Otto Schindler. Der Zweck des Verbandes war einerseits die Belange der gärtnerischen Ausbildungsstätte Sachsens vertreten zu helfen, an ihrer Ausgestaltung mitzuwirken und ihr Ansehen zu erhöhen, und andererseits die Führung der Ehemaligen untereinander aufrecht zu erhalten, sich gegenseitig und die jeweils Studierenden zu unterstützen. Das ist ihm offensichtlich  gut gelungen und brachte ihm Anerkennung ein.  

Nach der Auflösung der Studierendenorganisationen gingen die Nazis daran, auch den Ehemaligenverband gleichzuschalten. 

Die Satzung wurde 1936 verändert und erhielt unter anderem die Fassung:

„Die Mitgliedschaft können alle ehrenhaften Personen arischer Abstammung erwerben, die die Höhere Staatslehranstalt für Gartenbau zu Pillnitz und ihre Vorläuferinnen besucht haben und die entsprechenden gärtnerischen Fachprüfungen mit Erfolg abgelegt haben“  

Die durch Nazi-Funktionäre geforderte Zustimmung der Ehemaligen zu einer neuen Organisation nach dem Führerprinzip gingen sehr zögerlich und unvollständig ein, so dass erst am 02. Juli 1938 anlässlich der Pillnitzer Studententage der Fachschulring Pillnitz im NS-Altherrenbund gegründet werden konnte.

Der Ehemaligenverband hatte damit aufgehört zu bestehen und wurde erst nach dem Ende der Naziherrschaft 1952 in Westdeutschland neu gegründet.

Dr. Dieter Möschner            

Die Fahne der Arminen


Die Fahne der Arminen gehörte einer Verbindung der Studierenden der Höheren Staatslehranstalt für Gartenbau Dresden-Pillnitz, die neben der Verbindung Hortania in den 20er und 30er Jahren bestand, bis beide durch die Nazis aufgelöst wurden.

Ich sah die Fahne zum ersten mal im Sommer 1955, als meine Frau und ich die erste Wohnung als Untermieter in einem Haus am Elbhang in Hosterwitz erhielten.

In diesem Haus wohnte u.a. Frau Binder, die Witwe eines Lehrers der Höheren Staatslehranstalt.

Eines Tages zeigte Sie mir einen von ihr gehüteten Schatz, die Fahne der Arminen.

Ihr Mann, Dipl. Gartenbauinspektor Binder, gehörte unter dem Biernamen „E.M. Schlips“ der Arminia an, und sie selbst wurde 1926 als Couleurschwester in die Verbindung aufgenommen und auf den Namen „Schlipsine“ getauft.

Wie sie erzählte, hatte sie diese Fahne gestickt.

Aus einem Bericht über die Geschichte der Arminia aus dem Jahr 1933, den ich von dem ehemaligen Arminen, Herrn Horst Brinkel, der 1934-36 in Pillnitz war und im Sergewitz wohnt, geht hervor, dass die Bannerweihe erst am 08. oder 09. Juli 1933 erfolgte.

Wie Herr Brinkel mir mitteilte, wurde die Verbindung Mitte des Jahres 1935 durch die Nazis aufgelöst und alles was ihr gehörte, beschlagnahmt.

Das Banner aber hatte Frau Binder, deren Mann inzwischen verstorben war, in Sicherheit bringen können.

Wir zogen aus dem Haus in Hosterwitz bald wieder aus und hatten keine direkte Verbindung mehr zu Frau Binder. 

Die 1953 gegründete Fachschule für Landwirtschaft und Gartenbau, die auch die 3-jährige Ausbildung zu Gartenbauingenieuren übernommen hatte und an der ich Lehrer war, wurde 1963 aufgelöst, weil in ihren Gebäuden kurzerhand ein Parteiinstitut der SED zur Ausbildung von Landwirtschaftskadern eingerichtet wurde. 

Die gartenbauliche Ausbildung konnte als eigenständige Ingenieurschule im Schloss Nöthnitz in Bannewitz fortgesetzt werden, den Gedanken an Pillnitz hielten wir aber stets wach. 

In der Zeit der politischen Wende in der DDR gelang es nach heftigen Auseinandersetzungen die Ingenieurschule 1990 wieder nach Pillnitz zu verlegen und in der Folgezeit die gartenbauliche Ausbildung auf verschiedenen Ebenen einzurichten. 

Wir wollten an alte Traditionen anknüpfen und gründeten den Verband ehemaliger Pillnitzer neu. Da kam mir auch die Fahne der Arminen in den Sinn und ich wollte sie für den Verband gewinnen.
Frau Binder war aber in der Zwischenzeit verstorben. 

Wo war die Fahne nun? 

In Pillnitz und Hosterwitz wohnten noch einige ehemalige Pillnitzer und ich versuchte zu erfahren, wo die Fahne geblieben sein könnte.

Fündig wurde ich bei Frau Heduschke, deren inzwischen verstorbener Mann auch Armine war. Frau Heduschke hatte die Fahne aber an ihren Sohn in Riesa weitergeben.

Herr Dr. Küchler, der zu der Zeit Geschäftsführer des neugegründeten Verbandes ehemaliger Pillnitzer war und ich konnten Frau Heduschke überzeugen, dass die Fahne als Traditionsfahne beim Ehemaligenverband einen ehrenvollen Platz hätte und künftigen Jahrgängen von Studierenden und Absolventen erhalten werden sollte.

Frau Heduschke und ihr Sohn übergaben daraufhin die Fahne im Dezember 1992 dem  Vorstand des Ehemaligenverbandes, beiden sei hier nochmals herzlich dafür gedacht. Seither wird die Fahne bei besonderen Anlässen wie Jahreshauptversammlungen des Verbandes gezeigt, sie soll aber fachgerecht behandelt einen Standort in der Fachschule für Gartenbau erhalten, wo  sie ständig ausgestellt wird.

Dr. Dieter Möschner

                                                                                                                                                                                                               Ehemaligenverband und Freundeskreis nach dem 2.Weltkrieg


„Ehemalige Pillnitzer, wo seid Ihr?“,

so las man 1951 in der westdeutschen Gartenbau-Fachpresse. 

Eher zufällig durch berufliche Kontakte, war Theo Kienast in verschiedenen Gartenämtern des Ruhrgebietes Pillnitzer Absolventen begegnet.

Man fragte sich, sollte man nicht versuchen, die alten Freunde wiederzufinden? Insbesondere Wolfgang Klein-Mühlheim hatte noch viele Anschriften und setzte sich für eine Suchaktion und Sammlung ein.

So manchen Samstag Nachmittag fanden sich in der Kienast’schen Wohnung in Witten/Ruhr Wolfgang Klein (später Beisitzer), Fritz Model, Recklinghausen (später Schriftführer) und Otto Steven, Hamm (später Kassenwart) zusammen zu den vorbereitenden Arbeiten. Wohlgemerkt, man traf sich Sonnabend Nachmittag, es wurde ja noch bis 13 Uhr gearbeitet, man fuhr mit der Bahn und selbstverständlich auf eigene Kosten, irgendwelche Gelder waren ja nicht vorhanden. Das mit den eigenen Kosten blieb auch so. Wir haben den späteren Verband mit einem Minimum an Unkosten aufgebaut und weitergeführt.

Anlässlich einer Fachtagung in Essen am 25. August 1952 wurde dann der Verband ehemaliger Dresden-Pillnitzer neu gegründet und auch ins Vereinsregister eingetragen.  Unser erster Vorsitzender, später Ehrenvorsitzender, war Fritz Hans Leupold, Gartenarchitekt in Bielefeld,  der einst auch maßgeblich an der Denkschrift zur Übersiedlung der Dresdner Gartenbauschule von Laubegast nach Pillnitz mitgearbeitet hatte.

1953 auf der ersten Jahreshauptversammlung in Hamburg übernahm dann der bereits 1952 dafür gewonnene Prof. Carl Schreiber, Aachen, später Weihenstephan, den Vorsitz.

Wir waren damals der Meinung, unser Verband, der Mitglied des Bundes der Techniker des Gartenbaus (heute Ingenieure) war, solle in diesem Gremium durch eine  namhafte Persönlichkeit der Forschung und Lehre vertreten sein.

Von allem Anfang an lag die Geschäftsführung und eigentlich auch der Vorsitz  bei Theo Kienast. Carl Schreiber gab nur den Namen und hatte zur Bedingung gemacht, von Verbandsarbeit verschont zu bleiben.

Zu den Männern der ersten Stunde, die sich voller Idealismus zum Neuaufbau des Verbandes zusammenfanden, trat dann, nachdem Wolfgang Klein wegen eines tragischen Familienereignisses ausschied, Karl Hoppe, Münster. Mit seinem ruhigen, stets wohldurchdachten Rat verstand er es, Wogen zu glätten, die sich besonders zwischen Lutz Schreiber und Theo Kienast  erhoben, die beide sehr impulsiv waren. Heinz Rollfinke, Offenbach, hielt die Verbindung zum BIG und war auch sonst unsere Autorität, wenn es um berufsständische Fragen ging. Hier darf man wohl einflechten, dass die ersten Initiativen für eine berufsständische Vertretung im Gartenbau von Dresden (Laubegast) ausgingen. Hier gründeten 1920 Erich Schwender, Rudolf Bärwald und Franz Kuhn den „Reichsverband der Gartenbaubeamten und –angestellten“, praktisch den Vorläufer des heutigen BIG. Um eine solche, aus der Absolventenvereinigung hervorgegangene Initiative richtig zu würdigen, muss man  sich daran erinnern, dass es eine berufliche Vertretung fachschulisch ausgebildeter Gärtner nicht gab. Tariflich abgesichert oder gesellschaftlich anerkannt war der Fachschulabsolvent, ob mit 1. oder 2. Staatsexamen, noch lange nicht.

Heinz Rollfinke hat dann nach der Umwandlung des Ehemaligenverbandes in den Freundeskreis noch mehr als 2 Jahrzehnte Druck und Versand unserer Mitteilungen besorgt. Diese Rundbriefe wurden, lange Jahre von Walther Koenig, Holzminden, zusammengestellt und anfangs von seiner Frau auf Matrize geschrieben und dann in Witten abgezogen.

Elfriede Koenig hatte fünf Kinder zu versorgen. Dies machte wohl ganz deutlich, mit wie viel Freude und Einsatz wir damals gearbeitet haben.

Außer Wolfgang Klein und Sigrid Kienast (auch von Anfang an mit eingespannt) ist heute niemand mehr am Leben.

Bis 1953 hatten wir etwa 500 Anschriften in aller Welt zusammengetragen, so in Kanada, Brasilien, Holland, Frankreich, Spanien, Finnland, Schweden, Italien Schweiz und Südafrika.

Der Verband zählte an die 350 Mitglieder.

Beim Jahrestreffen in Hamburg und ein Jahr später in Celle waren auch Fritz Haenchen, Cossebaude und Walter Wappler, Zwickau  dabei. Beide waren in Geschäften in der BRD unterwegs. Wenige Jahre später sollte uns das wie ein Märchen anmuten.

Auf dem Hamburger Treffen teilte uns Prof. Walter Gleisberg mit, dass an ihn die Frage ergangen sei, ob er einen Lehrauftrag in Pillnitz übernehmen wolle.

Wir wissen, dass es dazu nicht kam, doch wurde das Für und Wider heftig diskutiert. Theo Kienast gehörte zu den Befürwortern und handelte sich von zwei Anwesenden den Vorwurf ein, er sei rot, einen solchen Verband müsse man verlassen. Wir hatten unsere zwei ersten Austritte.

Enge familiäre Bindungen und günstige sonstige Vorraussetzungen machten es möglich, dass Theo Kienast ab 1953  ein bis zweimal jährlich mit dem Auto in die DDR reiste. Wo immer es möglich war, versuchten wir, alte Verbindungen wieder herzustellten, neue Kontakte zu knüpfen. Da die Bedingungen für solche Reisen doch eng waren, bedurfte es einer sorgfältigen Reiseplanung und einer wohlüberlegten, glaubwürdigen Ausrede, sollte man einmal bei einem „Schritt vom Wege“ erwischt werden. Das geschah uns aber nur ein einziges Mal und da wurde es nicht bemerkt. So entstanden erste Kontakte auch zur Lehranstalt in Pillnitz und zu Herrn Dr. Müller, damals ihr Leiter.

Wir erhielten regelmäßig Einladungen zu interessanten Vortragsveranstaltungen, denen wir auch so oft als möglich nachkamen.

Zum Jahrestreffen des Verbandes anlässlich der Bundesgartenschau in Kassel 1955 konnten wir rund 50 ehemalige Pillnitzer aus der DDR als offizielle Gäste begrüßen.

Wir alle hegten damals Hoffnungen, die zwar aus beiden politischen Lagern noch genährt wurden, aber wie wir heute wissen von beiden Seiten längst zur Illusion verdammt waren.

Etwa zu dieser Zeit hatten wir Herrn Prof. Dr. Dr. Gerhard Friedrich kennengelernt, der bereits den Ruf  nach Pillnitz erhalten hatte.  Der im gesamten deutschsprachigen Raum als hervorragender Obstbauwissenschaftler anerkannte Prof. Friedrich würdigte Theo Kienast seines Vertrauens bezüglich seiner umfassenden Pläne für Pillnitz. Es steht mir nicht zu und ist hier nicht der Platz, über diese Pläne zu sprechen. Dass sie an der politischen Entwicklung scheiterten, war nicht nur eine persönliche Tragik, ihr Scheitern war auch ein Unglück für unser Pillnitz.

1955 waren die neuen Fachschulgebäude an der Söbrigener Straße fertig geworden und am 12. Dezember war die Einweihung der Aula. Dazu waren wir offiziell eingeladen und Theo Kienast  vom derzeitigen Direktor Dr. Schuh aufgefordert, Grußworte zu sprechen. 

Auf Initiative von Prof. Friedrich kam es dann Pfingsten 1956 zu dem wunderschönen Treffen in der neuen Fachschule, an dem etwa 30 westdeutsche Ehemalige teilnahmen. Wir lernten eine Reihe von Ehemaligen aus den Nachkriegssemestern sowie eine Anzahl von Studenten kennen. Die erste Begegnung der „Alten“ mit der jüngeren Generation, aus der zum Teil bis heute reichend enge Freundschaften erwuchsen. Wir diskutierten lebhaft über einen evtl. ost-westdeutschen Studentenaustausch.

So blauäugig waren wir damals noch!

Rückblickend möchte ich sagen: dieses Treffen löste die Erkenntnis aus, dass der Verband ehemaliger Dresden-Pillnitzer ein anderes Gesicht, andere Aufgaben habe, als die übrigen Ehemaligen-Verbände, das ließ uns an ihm festhalten, als es fast aussichtslos erschien.

Dr. Schuh war uns ein reizender Gastgeber.

Über dieses Treffen wurde sowohl in der örtlichen als auch der Fachpresse der DDR berichtet. Ein Reporter hatte den Namen des Schulleiters bei einer telefonischen Rückfrage nicht recht verstanden und fragte mehrfach: „Wie heißt der Direktor?“ Leicht entnervt antwortete man ihm schließlich: „Na, Schuh, wie Latsch“. Kurz darauf war in der Presse zu lesen „In Pillnitz fand ein Ehemaligentreffen unter der Ägide des Direktors Dr. Latsch statt.“

Das Erlebnis Pillnitz ermutigte uns, verhältnismäßig kurzfristig, im Rahmen der Landwirtschafsausstellung in Hannover ein Treffen zu planen, zu dem wir alle Ehemaligen aus der DDR einluden, deren Namen uns bekannt waren. Der Erfolg war überwältigend, die Einladung muss wohl teils per Buschtrommel weiterverbreitet worden sein, denn wir erhielten rund 120 Anmeldungen aus der DDR, darunter auch ganz neue Namen. 

Es war wohl das turbulenteste, fröhlichste Treffen der frühen Jahre mit insgesamt 350 Teilnehmern, darunter Henri Nonin aus Paris, Dirk de Coster aus Boskoop, Alexander Stern aus San Remo.

Prof. Gerhard Friedrich hielt uns einen Fachvortrag über Züchtungsforschung in Pillnitz und der DDR, Otto Schweitzer, Dresden, sprach über seine Arbeit für „Das schöne Dorf“, Prof. Carl Schreiber berichtete über eine Exkursion mit Weihenstephaner Studenten nach Ägypten. Die Stimmung beim abendlichen Beisammensein in den Maschsälen war so, dass Besucher anderer Veranstaltungen unter dem gleichen Dach mit uns Pillnitzern feiern wollten. Wir hatten damals noch keine Erfahrung mit der Organisation eines derart stark besuchten Treffens, so sind uns gewiss allerhand Pannen unterlaufen. Geblieben ist die Erinnerung an ein Fest der Begegnung.

In der Fachpresse der DDR kamen wir freilich nicht so gut weg.

Die Freunde Fritz Haenchen und Klaus und Inge Haarmann hatten den Mut, dem öffentlich zu widersprechen, was ihnen übel angekreidet wurde. 

Dennoch hat es 130 Ehemalige aus der DDR nicht abgehalten, auch im Jahre 1957 zum Pillnitzer Treffen zur Bundesgartenschau nach Köln zu kommen. Zur Bundesgartenschau in Dortmund 1959 wehte ein kühlerer politischer Wind, wir konnten nur 23 Freunde von jenseits der Grenze begrüßen, doch zu dem schönen und heiteren Treffen in Ludwigsburg 1961 waren es dann wieder 81. Dieses eine Mal konnte auch unser lieber Hafka, Hans Felix Kammeyer, mit uns sein. Als wir zum Ausklang in der Weinkellerei unseres Freundes Richard Knapp in Sülzbach beisammen saßen, ahnten wir noch nicht, dass wir viele Freunde über Jahre hinweg nicht wiedersehen würden, von manchen war es ein Abschied für immer.

Mit den Ereignissen um Pillnitz stagnierte auch das Leben im Ehemaligenverband. Viele sahen keinen Sinn in seiner Fortführung, man dachte an einen losen Anschluss an Osnabrück, wo die Pillnitzer Johannes Luckan und Richard Lehr als Direktor bzw. Dozent tätig waren. Andererseits wussten wir aus den Briefen der Freunde aus der DDR, wie viel es ihnen bedeutete, nicht „abgeschrieben“ zu werden. Wir wandelten den Verband in den „Freundeskreis“ um, denn ein eingetragener Verein hätte Schwierigkeiten auch im Briefverkehr für die Freunde bedeutet und zogen uns folgerichtig aus dem BIG zurück, zumal dort inzwischen die Einzelmitgliedschaft möglich geworden war. Jeder, der Mitglied des Freundeskreises bleiben wollte, sollte einen oder mehrere Briefpaten übernehmen. Unsere bis dahin als Broschüre versandten Verbandsmitteilungen wandelten wir in sehr viele persönlicher gehaltene Rundbriefe um, die im Schreibmaschinensatz gedruckt, Privatbriefen ähnlich waren und nunmehr dezentral von Freund zu Freund versandt, zumeist auch ankamen. Aus diesen Briefkontakten entstanden z. T. Freundschaften zwischen Leuten, die sich erst sehr viel später persönlich kennenlernten. So konnten wir die Verbindungen über 7 sehr schwierige Jahre erhalten. Mit den Reiseerleichterungen für Rentner bekam der Freundeskreis seine neue Aufgabe. Um die Freunde aus der DDR zu unseren jährlichen Treffen einladen zu können, gründeten wir den Rentner-Reisefonds, d.h. wir erhöhten den Beitrag nicht unerheblich, und nur ein einziger Angehöriger des Freundeskreises trat daraufhin aus. Ausgerechnet diesem hatte der Verband noch während der Sammlungsbewegung seine Stelle besorgt! Das wurde bitter vermerkt.

Später reichten die eigenen Mittel nicht mehr, wir fanden neue Wege, hatten auch in den eigenen Reihen zwei großzügige Mäzene. Zwischen 1973 und 1989 fanden wir uns zu 17 von Jahr zu Jahr stärker besuchten Treffen zusammen, die wir an stets wechselnden Orten veranstalteten, um möglichst viel des gemeinsamen Vaterlandes gemeinsam kennenzulernen.

Gegen Ende der 70er besann man sich auch in der DDR darauf, dass man mit der Unterdrückung aller Traditionen wohl auch seine Wurzeln verdorren ließe, so waren Zusammenkünfte „Ehemaliger“ nicht mehr von vorn herein verdächtig. Erhard Teich aus Leipzig, tatkräftig unterstützt von Helmut Gelbrich und Margot Schreiber, luden erstmals 1977 zu einem Treffen nach Leipzig ein, und dann fand alle zwei Jahre ein solches Treffen nochmals in Leipzig, in Markkleeberg, Pillnitz, Wörlitz, Frankfort/Oder, Zwickau und Eisenach statt.  Westdeutsche durften natürlich nicht erscheinen, aber ein verschworenes   Trüppchen war doch jedes mal dabei.

1981 starb Theo Kienast, der Motor des Freundeskreise, der ihn mit  immer neuen Ideen am Leben erhalten hatte.

Viele fragten bei dem Treffen in Sankelmark, da er schon vom Tode gezeichnet war:
„Was wird nun aus dem Freundeskreis?“
Meine Antwort:

„Nicht die Asche wollen wir hüten, sondern die Flamme müssen wir wahren.“ 

Und es gelang!

Ohne Wahl, wie selbstverständlich glitt die Geschäftsführung in meine Hände, ebenfalls wie selbstverständlich trat Siegfried Brendel an meine Seite, und genau so selbstverständlich übernahm dann nach Siegfrieds Tod Leni Brendel seine Aufgabe.

Es waren die Jahre seit 1973, die uns aus einer Ehemaligen-Verbindung zur „Pillnitzer Familie“, wie uns nun viele nannten, werden ließen. Es waren diese tausendfachen, unsichtbaren Fäden der Liebe und der Sehnsucht, die unser Volk zusammenhielten, so stark zusammenhielten, dass die Freunde in der DDR die Grenze zu Fall brachten.

Mit tiefer Dankbarkeit und Bewegung trafen wir uns erstmals 1991 wieder  im vertrauten Pillnitz, und wir haben ganz bewusst die Weinbergskirche „Zum heiligen Geist“ als Auftakt unseres ersten Beisammenseins gewählt. 

1991 wurde in Pillnitz ein neuer Ehemaligenverband gegründet und es soll nicht verschwiegen werden, dass der Freundeskreis sich provoziert fühlte, dass man nicht einmal versucht hatte, zuvor mit ihm Kontakt aufzunehmen; dass er existierte, wusste man ja. Dies machte es dann sehr schwer, den Freundeskreis in den neuen, in Pillnitz ansässigen Ehemaligenverband zu integrieren.

Aber wir gehörten doch nach Pillnitz! Was sollte ein „Freundeskreis ehemaliger Dresden-Pillnitzer“ ohne Anbindung nach dort?

Es wäre ein reiner Nostalgieverein gewesen.

Dazu hatten einige, deren Wort im Kreise galt, keine Lust.

Wir hielten es für Verrat an der Zielsetzung und dem Einsatz langer Jahre.

Doch erst 1993 gelang es, gegen teils heftigen Widerstand aus den eigenen Reihen, den Freundeskreis mit dem neuen Ehemaligenverband korporativ zu vereinigen.

Wir wünschen unserem Verbande ehemaliger Dresden-Pillnitzer, dass sich immer Männer und Frauen finden, die ihn mit Herz, Weitblick und Tatkraft auch bei stürmischem Wetter in Zukunft zu steuern verstehen!  

Sigrid Kienast

Neugründung des Verbandes in Pillnitz nach der „Wende“


Am Ende des Jahres 1989 bewegte fast alle Menschen im Osten Deutschlands die Frage: „Wie soll es nun weitergehen?“

In allen Lebensbereichen setzte eine Neubestimmung persönlicher und gesellschaftlicher Standpunkte und Ziele ein.

Es war die „Zeit der Wende“, wie sie von Politikern genannt und von allen die Zukunft bejahenden Bürger auch verstanden wurde.

Eine große Mehrheit sorgte sich nicht nur um die persönlichen Dinge, sondern in hohem Maße auch um die Erhaltung und Weiterführung gemeinschaftlicher Interessen.

Bereits im November 1989 gab es zwischen Dr. Gert Merkert, Dr. Dieter Möschner und mir ein Gespräch, in dem die Rückführung der Gartenbauschule von Bannewitz nach Pillnitz erörtert und nach Helfern für dieses wichtige Anliegen der ehemaligen Absolventen gesucht wurde. In den ersten Wochen des Jahres 1990 hatten dann die von Dr. G. Merkert und Dr. D. Möschner unternommenen zahlreichen Bemühungen bei Behörden und Institutionen endlich Erfolg und die Schule konnte an ihren „Heimatstandort“ zurückkehren.

Für mich persönlich war es eine große Genugtuung, dass es für die Gartenbauschule in Pillnitz, der ich meine ganze berufliche Weiterentwicklung nach der Lehrzeit  und den Gehilfenjahren im Gartenbau zu verdanken hatte, einen Neuanfang gab. Ich musste aber gleichzeitig auch an das Jahr 1963 denken. Ab September 1963 wurde die Gartenbauausbildung in Bannewitz fortgesetzt, nach dem im Frühjahr 1963 plötzlich das „Aus“  für den Gartenbau auf der Tagesordnung stand.

Dr. D. Möschner und ich waren zu dieser Zeit Lehrer in Pillnitz und unseren damaligen Studenten sehr verbunden. Zuerst beherrschte uns Ohnmacht und Ratlosigkeit über die von SED und  Staat getroffene Willkürentscheidung. Es gab aber auch in dieser Zeit Menschen mit Herz und Verstand, auch im Staatsapparat und so wurde unter Leitung von Dr. Arno Hielscher dem damaligen Leiter der „Abteilung Gartenbau“ ein Ausweg aus der fast hoffnungslosen Situation gesucht und in der Tat mit der auslaufenden Finanzschule der Landwirtschaft in Bannewitz auch gefunden. Dass  Dr. Hielscher dann nicht zum Direktor der neu gegründeten Schule eingesetzt wurde, ist politischen Umständen geschuldet, die sich im Hintergrund des Geschehens abspielten.

Mit dem Neuanfang in Pillnitz 1990 stand auch die Unterstützung der Schule durch den sächsischen Gartenbau und durch die ehemaligen Absolventen aus allen deutschen Ländern auf der Tagesordnung.

Die Fachschule hat dazu mehrfach eingeladen und zahlreiche Ehemalige und andere der Schule verbundenen Menschen folgten der Aufforderung und haben beraten und geholfen.

So wurde zu dieser Zeit der Gedanke einer Neugründung des Verbandes ehemaliger Pillnitzer geboren. Unter anderen hatten sich dafür Hubert David als Vertreter der Jahrgänge 1962-1965 und Dr. Horst Müller in ihren Redebeiträgen ausgesprochen. Den Worten folgten Taten. Zahlreiche ehemalige Absolventen bereiteten die Neugründung vor. Es wurden die überlieferten alten Unterlagen des früheren Pillnitzer Verbandes und anderer Verbände gesichtet, neue Gedanken hinzugefügt und diese Satzung am 22.09.1990 von der ersten Mitgliederversammlung in Pillnitz beschlossen.

42 Mitglieder hatten ihre Mitgliedschaft erklärt und gingen daran weitere anzusprechen und für den Verband zu gewinnen.

Der Zweck des Verbandes war nun festgeschrieben und es heißt im Punkt 1: „Die Belange der Ingenieurschule für Gartenbau vertreten zu helfen und an deren Arbeit mitzuwirken.“

Außerdem galt es: „die Fühlung unter den Mitgliedern durch Information und Zusammentreffen zu erhalten...“

Im Oktober 1990 fanden sich dann sieben eingeschriebene Mitglieder bei der Notarin Legler in Dresden ein und setzten ihre Unterschrift auf die Gründungsbeurkundung.

Die Gründungsmitglieder waren:

Erika Budzowsky, Dittgart David, Hubert David , Siegfried Geppert,Dr. Gert Merkert, Dr. Dieter Möschner und Dr. Karl Rasenberger

Erst am 12. Juli 1991 erfolgte beim Kreisgericht in  Dresden unter der Nummer 1165 die Eintragung in das Vereinsregister. Außer dieser offiziellen Betätigung war aber die zuleistende Arbeit des im September 1990 gewählten Vorstandes der entscheidende Schritt zur Erfüllung des verfolgten Zwecks des neuen

„Verbandes ehemaliger Dresden-Pillnitzer e. V.“

Seitdem wurden in vielen Zusammenkünften zahlreiche Mitglieder begrüßt und die Arbeit des Verbandes erfolgreich fortgesetzt.

Dr. Karl Rasenberger

P.S.

Herr Dr. Karl Rasenberger rief zu den 1. Pillnitzer Gärtnertagen im April 1990 alle Absolventen von Pillnitz und Bannewitz zur Gründung eines neuen Ehemaligenverbandes auf. Mit Gründung des Verbandes wurde er zum 1. Vorsitzenden gewählt und hat großen Anteil am erfolgreichen Neubeginn.

Dr. Dieter Möschner